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15.05.2020: Filmtipp: >> Der 10. Mai <<

Sehr geehrte Eisenbahn- bzw. Verkehrs(politik)-Interessierten!

Ich erlaube mir, Sie / Euch auf einen Spielfilm, der sich mit einem historischen Thema beschäftigt, hinzuweisen, und zwar wegen zweier Szenen, die für Eisenbahn- bzw. Verkehrspolitik-Interessierte sind.

Bitte um Verständnis, leider erfolgt mein Hinweis sehr knapp: Dieser Film ist - im Gegensatz zur sonstigen Praxis der SRG - leider nur knapp befristet abrufbar, und zwar bis morgen, Samstag, den 16. Mai, abends

Es ist vorteilhaft (aber nicht Voraussetzung), wenn man, um den Film ansehen zu können, Schweizerdeutsch versteht; es geht aber auch ohne (es wird sehr viel angenähertes Hoch- bzw. Oberdeutsch gesprochen). Außerdem sind die Handlungen mehr oder weniger selbsterklärend.

Historischer Hintergrund

Vor 80 Jahren, am 10. Mai 1940, begann um 5.35 Uhr morgens der gegen den Westen gerichtete Feldzug des Deutschen Reichs.

Am Anfang der Offensive standen Angriffe gegen Belgien und Holland; infame Begründung war die Sicherung der "Neutralität" der betroffenen Länder (inklusive Luxemburg).

Merke: Neutralitätserklärungen alleine sind keine ausreichende Garantie für Sicherheit; es ist diese Überlegung auch die Basis für das Selbstverständnis der Schweiz - auch während jener Zeit (mehr darüber einige Zeilen später).

Jenes Datum war - vor dem Hintergrund der West-Offensive Deutschlands - auch für die Schweiz ein Wendepunkt. Ein Einmarsch deutscher Truppen war nicht mehr auszuschließen; es wurden entsprechende Vorbereitungshandlungen (Aufmarsch von Truppen) von deutscher Seite sogar bewusst inszeniert.

In der Schweiz führte das zu einer Mobilmachung der Armee, in deren Folge fast 700.000 Personen binnen weniger Stunden einberufen und in Stellung gebracht wurden. Diese Verteidigungsmacht wäre selbst für Deutschland, dessen Kräfte ja bereits an mehrere Kriegsschauplätze gebunden waren, eine enorme Herausforderung gewesen.

Apropos: Im Hinblick auf die aktuelle "Corona"-Pandemie wurde in der Schweiz abermals eine Mobilmachung von Armee- bzw. Miliz-Einheiten realisiert. So wurden Mitte März ca. 5.000 Personen einberufen, die binnen weniger Tage in Einsatz gebracht und vornehmlich im Gesundheits- bzw. Sozialdienst tätig wurden.

In Österreich würde es - abgesehen von der personellen Problematik - bereits an Fahrzeugen bzw. sonstigem Gerät fehlen, um eine entsprechende Krisenfähigkeit auszuüben.

Film-Empfehlung "Der 10. Mai"

Dieser Spielfilm lenkt den Blick auf einen einzelnen Tag der Geschichte; es ist dies eben der 10. Mai des Jahres 1940. Am Beispiel eines aus Deutschland über die "nasse" Rhein-Grenze geflüchteten Mannes. Gleich zu Beginn ist die Eisenbahn schön ins Bild gerückt.

Regie führte Franz Schnyder (1910 bis 1993), der mit dem Streifen nicht nur in der Schweiz für viel Aufsehen sorgte; das Werk wurde im August 1957 gedreht und hatte am 18. Oktober 1957 seine Kino-Premiere.

Hauptdarsteller ist übrigens Heinz Reincke (1925 bis 2011); es ist dies einer seiner ersten Filme. In einer weiteren Rolle ist Heinrich Gretler (1897 bis 1977) zu sehen; er ist uns v. a. aus "Heidi"-Verfilmung bekannt (1952 und 1955), in denen er den "Alm-Öhi" gab.

Brücke der ÖBB ...

Eine der ersten Szenen des Film spielt auf jener Eisenbahn-Brücke, die den Rhein zwischen Lustenau und St. Margrethen quert. Laut Drehbuch geht es freilich um die Grenze zu Deutschland, wobei Österreich ja seit dem März 1938 formal zu einem Teil Deutschlands geworden war.

Diese Brücke ist mittlerweile historisch (so wie das eigentliche Film-Thema) es gibt sie mittlerweile nicht mehr, denn sie wurde in den Jahren 2010 bis 2013 durch einen modernistischen Neubau ersetzt.

Die Rhein-Querung ist Teil der internationalen Eisenbahn-Verbindung Lauterach - St. Margarethen (Achse München - Lindau - Bregenz - St. Gallen - Zürich). Die Eröffnung erfolgte - damals als Teil der k.k. priv. Vorarlberger Bahn - im November 1872.

Die Strecke beginnt formal mit Kilometer 0,000 in St. Margrethen (zugleich Strecken-Kilometer 53,82 der Strecke St. Margrethen - Buchs); sie endet formal mit Kilometer 9,580 in Lauterach (Strecken-Kilometer 13,202 der Strecke Lindau - Bludenz).

Technische Daten und Ansichten bitte z. B. den Seiten von Frank Sellke ("BrueckenWeb") oder dem "Lustenauer-Wiki" zu entnehmen; es bieten aber auch die ÖBB und die Strabag AG einzelne Informationen. Siehe Links (unten).

Der eisenbahntechnische und völkerrechtlich relevante Grenzpunkt ist St. Margrethen; das heißt, die Verwaltung und Betriebsführung liegt bei den ÖBB (so wie auch für die Strecke Bregenz - Liechtenstein - Buchs); die Staatsgrenze liegt bei Kilometer 1,604.

Die zuständigen Behörden sind aber dennoch in der Schweiz; dies zeigte sich z. B. bei der Unterbrechung des Neubaus, der im Jahre 2013 von Schweizer Seite auf Grund von Sicherheitsmängeln behördlich gestoppt werden musste. Siehe Links (unten).

Internationaler Zug-Verkehr

Auf dieser Strecke findet bis heute nennenswerter internationaler Verkehr statt (v. a. auch zwischen Deutschland und der Schweiz). Es wäre eine ganze Liste berühmter Züge, die auch v. a. während der 60er- bis 90er-Jahre über die Brücke verkehrten, zu nennen.

So etwa der legendäre "TEE" mit dem Namen "Bavaria", aber auch Züge die im Norden zwischen Prag (!) und im Südwesten in Genf oder gar in Lyon endeten; ein Wagenlauf führte sogar von München nach Mailand. Nicht unerwähnt sollen auch die Blumen-Transporte von der Riviera nach Lindau bleiben.

Über diese Brücke fuhren regulär auch die Züge der legendären ÖBB-Reihe "4010" (in der Öffentlichkeit wird diese Reihe vor allem mit dem Zug "Transalpin" in Zusammenhang gebracht); und zwar mit dem Zug-Namen "Bodensee" (Wien - Bregenz - St. Margrethen - St. Gallen).

Triebwagen der ÖBB in der Schweiz

Im Verlauf der anfänglichen Sequenzen wird die Brücke von einem Zug aus Österreich befahren: Dieser Zug besteht u. a. aus einem Triebwagen der ÖBB. Bei genauem Hinsehen ist sogar die Beschriftung (Reihe "4041") zu erkennen.

Dieses Detail ist dem Zeitpunkt des Film-Drehs geschuldet: Die Typen-Bezeichnung "4041" war gemäß dem neuen Nummern-Schema der ÖBB erst ab dem Jahre 1953 gegeben; die hier zu sehende Baureihe war während ihrer Zugehörigkeit zu Deutschen Reichsbahn als "ET 83" benannt.

Die usrprüngliche Bezeichnung dieser Triebwagen-Serie - also in der Zeit der BBÖ - lautete übrigens "ET 10". Es wurden insgesamt acht Fahrzeuge beschafft, die in den Jahren 1928 bzw. 1929 in Linz gebaut wurden und bis Anfang der 70er-Jahre im regulären Einsatz waren.

Technische Daten und Ansichten bitte dem Wikpedia-Eintrag sowie der entsprechenden Seite von Günter Goby ("Bahntechnisches Bildarchiv") zu entnehmen. Siehe Links (unten).

Später im Film ist noch die Ankunft eines "GmP" in St. Margrethen zu sehen (die korrekte Bezeichnung dieser Zug-Kategorier ist mir für damals nicht bekannt). Nochmals später sind einige Szenen in Zürich HB zu sehen. Auch jene Szenen, welche die Mobilmachung darstellen, sind auf Grund einer Vielzahl historischer Militär-Fahrzeuge nicht ganz uninteressant.

Mit besten Grüßen
M. P.


P. S.
Ich danke Bruno Lämmli, Eisenbahn-Praktiker und -Historiker aus der Schweiz, für die Recherche-Unterstützung und darf an dieser Stelle auf seine Internet-Präsenz "Lokifahrer ch" hinweisen. Siehe Links (unten).


L  i  n  k  s

F i l m

SRG SRF; Film "Der 10. Mai"

SRG SRF; Info zu Film "Der 10. Mai"

artfilm; Info zu Film "Der 10. Mai"

Wikipedia; Info zu Film "Der 10. Mai"

IMDb; Info zu Film "Der 10. Mai"

E i s e n b a h n

Infrastruktur bzw. Brücke

F. Selke ("Brückenweb"); Angaben zur urspr. Brücke (m. Fotos)

ÖBB Infra AG; Info zu Ausbau

"Lustenau-Wiki"; Info zu Brücke

Strabag AG; Info zu Brücke

Wikipedia; Strecke Lauterach - St. Margrethen

Fahrzeug

Wikipedia; Info zu Triebwagen

G. Goby ("Bahntechnisches Bildarchiv"); ÖBB BR 4041

M e d i e n

"Vorarlberger Nachrichten", 22. März 2013; Brücke neu

ORF, 22. März 2013; Brücke neu

ORF, 05. März 2013; Brücken-Verschiebung

ORF, 01. März 2013; Brücke/ Bau-Unterbrechung wg. Sicherheit

ORF, 02. Feb. 2013; Brücke / Neubau

A l l g e m e i n

HLS*; "Zweiter Weltkrieg"

HLS*; "Mobilmachung"

B. Lämmli ("Lokifahrer")

* Historisches Lexikon der Schweiz; Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (Patronat: Schweizerische Gesellschaft für Geschichte).
Quelle: Michael Palfinger

Brücke: 6510